Borreliose durch Mückenstiche
Ein Fallbeispiel aus der naturheilkundlichen Praxis
Die Lyme Borreliose, die auch als Lyme-Krankheit, Lyme Disease oder einfach nur als Borreliose bezeichnet wird, ist eine ernstzunehmende, weit verbreitete Erkrankung, die sowohl kurz- als auch langfristig zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann. Ausgelöst wird sie überwiegend durch Zeckenbisse, wobei mittlerweile auch andere Überträger als Erregerquelle infrage kommen.
Meiner persönlichen Überzeugung nach gehört die Behandlung einer Borreliose zunächst in die Hände eines Schulmediziners. Denn auch wenn antibiotische Behandlungen hierzulande häufig viel zu früh bzw. ungerechtfertigt erfolgen, sehe ich sie im Falle einer vorliegenden Borreliose als probates Mittel, um Schlimmeres zu verhindern. Das sage ich auch meinen Patienten, die ich jedoch gerne anschließend naturheilkundlich behandele. Nicht zuletzt, um die ungewollten Nebenwirkungen der Antibiotika zurückzudrängen, u.a. etwa anhand einer Darmsanierung.
Im folgenden Fall musste ich dagegen improvisieren. Nicht das Einzige, das anders war als bei üblichen Borreliose-Nachbehandlungen in meiner Praxis: ein heikler, aber auch überaus interessanter Fall.
Die Lyme-Borreliose wird durch eine Infektion mit Bakterien der Art Borrelia burgdorferi (Borrelien) verursacht und durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen: So zumindest sinngemäß die Definition des Robert-Koch-Instituts zum Stand 02.10.2017. Doch auch Mücken, Bremsen oder Flöhe können den Erreger in sich tragen. Aus diesem Grund ist es prinzipiell möglich, dass die Borreliose auch durch deren Stich auf den Menschen übertragen werden kann. Entsprechende Presseberichte darüber haben in jüngster Vergangenheit zahlreiche Menschen verunsichert – Patienten wie Therapeuten.
Nicht ganz zu Unrecht, wie ich anhand eines Fallbeispiels aus meiner Praxis aufzeigen möchte. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass Zecken Hauptüberträger der Borreliose sind und bleiben. Schon alleine deshalb, weil sie sich an versteckten Stellen der Haut anhaften, über Stunden unbemerkt bleiben und auf Grund der längeren Kontaktphase eher eine Infektion hervorrufen können als etwa Mücken, deren Stich nur Sekunden dauert. Dennoch wurde ich mit einem entsprechenden Fall konfrontiert, den ich hier genauer beschreiben möchte.
Es handelt sich dabei um einen fünfjährigen Jungen, dessen linker Arm drei Tage nach einem Ausflug zu einem Badesee gleich an zwei Stellen eine deutlich sichtbare Wanderröte aufwies, jedoch eben keinen Zeckenbiss. Vielmehr sah alles eher nach zwei Stichen vermutlich ein und derselben Mücke aus. Das meinte auch der Hausarzt des Jungen, den Mutter und Sohn umgehend aufsuchten. Der Mediziner schlug daraufhin eine sofortige Antibiotika-Therapie vor, noch bevor weitere Symptome (Fieber, Kopf- oder Muskelschmerzen, Abgeschlagenheit usw.) auftreten.
Das Argument der Mutter, erst einmal eine Laboruntersuchung vorzunehmen, lehnte er dagegen ab. So bilde das menschliche Immunsystem erst mit Verzögerung Antikörper gegen eine erstmalige Infektion mit Borrelien, weshalb Antikörpertests selbst bei bereits bestehender Wanderröte häufig negativ ausfielen. Andererseits stelle selbst ein positiver Test keinen 100%igen Beweis dar, weil hohe Antikörper-Werte auch durch frühere (ggf. unbemerkte) Infektionen angezeigt werden könnten.
Eine Argumentation, der ich persönlich sowie letztendlich auch die Patientenmutter insofern folgen können, da Studien belegen, dass zum Beispiel 7 Prozent der 14- bis 17-Jährigen sowie je nach geographischer Region und Alter bis zu 20 Prozent der Erwachsenen Antikörper gegen Borrelien in sich tragen. Unter Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte sowie zur Verlaufskontrolle einer vorliegenden Borreliose finde ich sie dennoch relativ aussagekräftig. (Eindeutiger sieht es natürlich bei einem Zeckenbiss aus, bei dem man die Zecke direkt entfernt uns ins Labor gibt: Ist das Testergebnis positiv und treten gleichzeitig typische Symptome auf, kann relativ sicher von einer Infektion ausgegangen werden.)
Letztendlich entschied sich die Mutter jedoch ohnehin eindeutig gegen eine Antibiotika-Therapie (obwohl auch sie eine Borrelien-Infektion vermutete), suchte stattdessen umgehend meine Praxis auf. Ich erklärte ihr daraufhin, dass auch ich es am sichersten fände, zunächst die Antibiotika-Therapie durchzuführen und erst danach naturheilkundlich tätig zu werden. (Wobei sich „am sichersten“ zugegebenermaßen übrigens nicht nur auf das Wohl des Kindes, sondern auch das des Therapeuten bezieht, da wir Heilpraktiker derzeit ohnehin im Negativfokus großer Teile der Öffentlichkeit stehen.)
Die Mutter beharrte jedoch auf ihrem Standpunkt. Wir vereinbarten daraufhin schriftlich, dass ich ihr eine schulmedizinische Behandlung empfohlen habe, sie diese jedoch explizit abgelehnt und stattdessen eine rein naturheilkundliche Therapie für ihren Sohn vorgezogen habe.
Im Detail sah diese naturheilkundliche Therapie dann aus wie folgt.
1. Schritt: Spagyrik/Komplexhomöopathie + begleitende Akupunktur:
(Normalerweise wäre eine Darmsanierung der 1. Schritt, was jedoch im konkreten Fall entfiel, da ja keine Antibiotika-Therapie vorausging).
Stattdessen verordnete ich 4 x 20 Tropfen täglich des spagyrisch-komplexhomöopathischen Arzneimittels „Phönix Hydrargyrum spag.“. Zum einen aufgrund seiner kühlenden Wirkung; zum anderen, weil es traditionell gegen akute Entzündungen verwendet wird. Leitsubstanz dieses Arzneimittels ist Hydrargyrum bichloratum (Quecksilber), das in der Spagyrik häufig gegen rheumatische Beschwerden, ziehende und stechend-reißende Gelenk- und Gliederschmerzen sowie bei Gichtanfällen verschrieben wird; in der Homöopathie dagegen vor allem gegen akute Schleimhautentzündungen von Augen, Mandeln, Nieren, Mundhöhle, Dick- und Enddarm sowie der ableitenden Harnwege Einsatz findet.
Zur äußerlichen Anwendung empfahl ich der Mutter, morgens und abends etwas „Juv 110 Salbe“ auf die beiden betroffenen Hautareale aufzutragen. (Dabei Vorsicht walten lassen sollte indes, wer empfindlich auf die Salbenbestandteile Cetylstearylalkohol oder Wollwachsalkohol reagiert.) Alternativ dazu bzw. unterstützend kann täglich eine Ampulle „Juv 110 Injektionslösung“ getrunken werden.
Parallel zu diesen spagyrisch-komplexhomöopathischen Maßnahmen führte ich alle zwei Tage eine Softlaser-Ohrakupunktur nach Dr. Paul Nogier am dominanten Ohr durch, die sämtliche Punkte der Immunachse (LTSP, Interferon-, Thymus- und Ohrrandpunkt) berücksichtigte. Zur Softlaser-Akupunktur verwendete ich hier wie auch bei anderen Kindern bzw. schmerzempfindlichen Patienten den Softlaser „BIOLAS 5000-01-1“.
Zwischenfazit: Die Wanderröten waren nach neun Tagen nahezu verschwunden – soweit die Akutbehandlung. Zu weiteren Symptomen war es erfreulicherweise nicht gekommen. Außerdem fühle sich ihr Sohn wieder „normal“ an – womit die Mutter meinte, dass sie noch vor einigen Tagen das Gefühl gehabt habe, ihr Sohn stünde durch die vermutliche Infektion „irgendwie neben sich und sei nicht mehr derselbe“.
2. Schritt: Medikamentöse Ausleitung:
Dass bei einem Fünfjährigen bzgl. einer Ausleitungstherapie besondere Vorsicht gilt, versteht sich von selbst. Deshalb im Folgenden die altersgemäß angepasste Version des von Heilpraktikern häufig verordneten „Phönix Ausleitungskonzepts“, zu deren Durchführung jeweils eine Einheit der kleinsten Flaschengröße (50 ml) pro Medikament anzuschaffen war:
Ablauf:
Drei der insgesamt vier Medikamente – „Silybum spag.“, „Solidago spag.“ und „Urtica-Arsenicum spag.“ – wurden im dreitägigen Wechsel eingenommen, das 4. – „Thuja Lachesis spag.“ – dagegen durchgehend. Der daraus resultierende neuntägige Zyklus wurde dreimal wiederholt. Die Ausleitungstherapie dauerte demnach 27 Tage.
Dosierung:
- Phönix Silybum spag.: 21 Tropfen
- Phönix Solidago spag.: 21 Tropfen
- Phönix Urtica-Arsenicum spag.: 7 Tropfen
- Phönix Thuja Lachesis spag.: 7 Tropfen
Einnahme:
Die Tagesdosis der jeweiligen Arzneimittel wurde der Praktikabilität halber morgens in 0,5 Liter Tee geträufelt und über den Tag verteilt getrunken (keine Metalllöffel bzw. -gefäße verwenden).
3. Schritt: Phönix Aufbaukonzept:
Im dritten und letzten Schritt verordnete ich das „Phönix Aufbaukonzept“, gab Mutter und Sohn ein entsprechendes Einnahmeschema an die Hand. Bei diesem Konzept handelt es sich um eine Kur für Kinder bis ca. zum 15. Lebensjahr, bei der drei komplexhomöopathische Medikamente zum Einsatz kommen, die abwechselnd für Harmonisierung, Erholung und Stärkung sorgen. Die Homöopathika werden dazu über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten im dreitägig wechselnden Rhythmus verabreicht, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu sensibilisieren und den Organismus dahingehend zu unterstützen, alltäglichen Belastungen besser gewachsen zu sein.
Bei den Homöopathika handelt es sich im Einzelnen um folgende Arzneimittel:
- Mercurius solibilis Phcp
- Dulcamara S Phcp
- Acidum nitricum S Phcp
Der konkrete Einnahmeplan für den fünfjährigen Jungen – bei einer empfohlenen Dosierung von 1 Globulus pro Lebensjahr – sah demnach aus wie folgt:
- 1.-3. Tag: morgens, mittags und abends je 5 Globulus Mercurius solibilis Phcp
- 4.-6. Tag: morgens, mittags und abends je 5 Globulus Dulcamara S Phcp
- 7.-9. Tag: morgens, mittags und abends je 5 Globulus Acidum nitricum S Phcp
Jeder Zyklus dauert demnach 9 Tage. Am 10. Tag wird von vorne begonnen, das Medikament indes alle 3 Tage gewechselt. Die Globuli sollen sich dabei unter der Zunge auflösen und nicht unmittelbar vor oder nach dem Teetrinken und/oder Zähneputzen bzw. Lutschen von Pfefferminz-, Menthol- oder Hustenbonbons eingenommen werden.
Fazit: Wie bereits erwähnt, war von den Wanderröten nach neun Tagen nichts mehr zu sehen. Es kam zu keinen weiteren Symptomen mehr. (Wobei ich sagen möchte „bis jetzt“, da Komplikationen einer Borreliose auch noch Monate bis Jahre später auftreten können.) Der Behandlungsabschluss liegt nunmehr 13 Monate zurück.
Die Mutter, die meine Praxis ansonsten vor einigen Tagen wegen eines anderen, diesmal sie selbst betreffenden Malästes aufsuchte, berichtete mir ansonsten davon, dass ihr Kleiner wieder ganz der „Alte“ sei. Einen Bluttest halte sie deshalb nicht mehr für notwendig. Auch das ist eine Meinung, die ich so nicht teilen kann und der ich vehement, allerdings abermals ohne Erfolg, widersprach. Ansonsten kam ich trotzdem meiner Verantwortung nach, zumindest das zu tun, was in meinem Einflussbereich lag: Ohne Vorbehalte aufzuklären, auf alle Möglichkeiten und Risiken hinzuweisen sowie eine adäquate naturheilkundliche Behandlung zu gewährleisten.
Betonen möchte ich abschließend dennoch, dass ich es vorgezogen hätte, zunächst eine Antibiotika- und erst anschließend eine naturheilkundliche Therapie durchzuführen. So empfehle ich es auch anderen Patienten, wobei ich in der Regel mehr Gehör finde.
Literatur/Quellen:
www.rki.de
Autor:
Johannes W. Steinbach ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Fachbuchautor und Herausgeber von heilpraktiker-lernskripte.de (www.heilpraktiker-lernskripte.de).
Kontakt:
Naturheilpraxis Steinbach
Schillerstr. 18, 54329 Konz