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Überstunden, Leistungsdruck und Dauerbereitschaft Psychische Erkrankungen bald neue Nummer 1 der Volksleiden

Überstunden, Leistungsdruck und Dauerbereitschaft  Psychische Erkrankungen bald neue Nummer 1 der Volksleiden

Volkskrankheiten gibt es viele. Zur neuen Nummer 1 entwickeln sich gerade psychische Erkrankungen, die hauptsächlich durch Arbeitsstress hervorgerufen werden. Die häufigsten Erkrankungen dafür sind Depressionen oder Anpassungsstörungen, aber auch Burnout wird mehr und mehr zu einem gesundheitlichen Problem. Analysen zeigen, dass es alle Altersgruppen trifft. Die ständige Rufbereitschaft auf dem Handy, das Lesen der Arbeits-E-Mails auch in der Freizeit, der große Leistungsdruck, die Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes, Mobbing und unzählige Überstunden sind enorme Belastungen, denen viele Beschäftigte im Arbeitsleben permanent ausgesetzt sind und ihnen nicht mehr standhalten können.

Volkskrankheiten

Es ist ein trauriger Trend: Das Arbeitspensum wächst stetig und kann nur durch Überstunden abgearbeitet werden. Das Institut für Wirtschaftsforderung Halle verkündete, dass in Deutschland jährlich rund 1,4 Milliarden unbezahlte Überstunden geleistet werden. Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund müssen aktuell 63 Prozent der Arbeitnehmer in der gleichen Zeit mehr leisten als vor einigen Jahren, rund die Hälfte arbeitet mindestens 45 Stunden und fast zwei Drittel erarbeiten 15 Überstunden pro Woche und mehr. Diese „atypischen Arbeitszeiten“ lassen die psychischen Belastungen stetig ansteigen und viele Betroffene können diesem Druck auf Dauer nicht standhalten. Die Konsequenz? Immer mehr Krankschreibungen werden aufgrund von psychischen Leiden ausgestellt.

Zu viel Arbeit ist Gift für Körper und Seele
„Erfolgsdruck und ständige Erreichbarkeit sind auf Dauer eine Gefahr für die Gesundheit“, kommentiert der Chef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit. Die Auswertung der KKH ergab, dass sich die Fehltage der deutschen Arbeitnehmer aufgrund von psychischen Erkrankungen immer mehr häufen. In nur vier Jahren stieg die Anzahl der Fehltage um erschreckende 40 Prozent an: von 41 Millionen im Jahr 2008 auf 59 Millionen im Jahr 2011. Rund zwölf Prozent aller Fehltage gehen auf psychische Erkrankungen zurück. Und anders als bei häufig auftretenden Krankheiten wie beispielsweise einer Erkältung, handelt es sich bei einem psychischen Leiden um lange Ausfälle: Eine Krankschreibung dauert meist zwischen drei und sechs Wochen. Und das kostet die Krankenkassen jede Menge Geld – pro Jahr zahlen sie dafür rund 28 Milliarden Euro. Doch nicht nur das: Die krankheitsbedingte Frühverrentungen aufgrund von psychischen Erkrankungen stieg in den letzten 15 Jahren um mehr als das Doppelte an und ist inzwischen die häufigste Ursache, um früher in Rente gehen zu müssen.

Zu viel Arbeit ist Gift für Körper und Seele

Es trifft alle Altersgruppen – jedoch unterschiedlich
Analysen bestätigen: Sowohl junge als auch ältere Menschen erkranken an psychischen Leiden. Jedoch nimmt die Dauer der Fehltage mit steigendem Alter deutlich und kontinuierlich zu. Bei der DAK und Barmer sind 55- bis 59jährige Arbeitnehmer fast dreimal so lang krankgeschrieben wie 20- bis 24jährige. Wissenschaftliche Erhebungen belegen aber, dass heutzutage bei jungen Menschen psychische Erkrankungen häufiger erstmalig auftreten als es noch vor zehn Jahren der Fall war.

Es trifft alle Altersgruppen – jedoch unterschiedlich

Die Daten des Bundesgesundheitssurveys ergaben außerdem, dass Frauen durchschnittlich häufiger betroffen sind: Im Schnitt leiden sie doppelt so oft an Depressionen wie Männer. Während sie bei Männern im Alter von 20 bis 60 Jahren relativ ähnlich auftreten, sind Frauen besonders im mittleren Alter betroffen.

Burnout-Erkrankungen steigen deutlich an
Burnout, zu gut deutsch „Ausgebranntsein“, ist eine besonders ausgeprägte Form meist beruflich bedingter Erschöpfung. Gemäß der Weltgesundheitsorganisation ist Burnout keine psychische Erkrankung, sondern eine Zusatzkodierung. In den meisten Fällen der Krankschreibung wird es gemeinsam mit psychischen oder anderen Erkrankungen (z.B.: Rückenproblemen) diagnostiziert. Die Zahlen der Betroffenen steigen in den letzten Jahren rasant an: seit 2004 um satte 700 Prozent, die Anzahl der betrieblichen Fehltage sogar um fast 1.400 Prozent. So fielen nach Angaben der DAK, AOK und BKK 2011 insgesamt 9,1 Tage pro 100 Versicherte auf Burnout. Die Bundestherapeuten-kammer (BPtk) wertete in Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen die Krank-schreibungen aufgrund von Burnout mit dem Ergebnis aus, dass sich sowohl die Krankschreibungsfälle, als auch die Arbeitsunfähigkeitstage in den letzten Jahren stetig erhöhten.

Burnout-Erkrankungen steigen deutlich an

(Betriebliche) Gesundheitsförderung nötig
„Der betrieblichen Gesundheitsförderung kommt […] eine wichtige Rolle zu: Sie kann von einer fundierten Aufklärung über psychische Erkrankungen bis hin zu Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen reichen. Ein Ziel ist dabei, psychische Erkrankungen zu enttabuisieren, damit sie frühzeitig angesprochen und erkannt werden können. […] Besonders wichtig für die Prävention psychischer Erkrankungen ist es, ein Klima der Wertschätzung zu erhalten bzw. zu erreichen“, so der Wortlaut der Bundestherapeutenkammer aus der Studie zur Arbeitsunfähigkeit 2011.

Ein Modellprojekt der Techniker Krankenkasse zeigt, dass sich die Investition in Psychotherapie lohnt und eine Routinebehandlung langfristig und nachhaltig nachweisbar ist. So sollten nach BPtK „den betroffenen Arbeitnehmern […] eine qualifizierte Beratung zur Vorbeugung psychischer Erkrankungen und Anleitung zur Selbsthilfe gegen seelische Überlastung angeboten werden. Diese sollte neben Entspannung oder körperliche Aktivität auch gezielte psychotherapeutische Interventionen beinhalten.“

Besser vorbeugen
Achten Sie auf Ihre körperliche und seelische Gesundheit! Ein paar kleine Tipps können helfen, psychische Erkrankungen vorzubeugen:

  • Gönnen Sie sich regelmäßig eine Auszeit: Auch wenn sich der Berg mit Arbeit stapelt und Ihr Terminplaner überquillt – einen Ruhetag pro Woche sollten Sie unbedingt einhalten.
  • Die ständige Erreichbarkeit gehört inzwischen schon zum Alltag. Das sollte sie aber nicht: Schalten Sie gelegentlich bewusst das Handy aus und checken Sie nicht permanent Ihre Mails.
  • Achten Sie darauf, dass Sie genügend schlafen.
  • Schaffen Sie sich einen Ort der Ruhe – auch wenn Sie nur wenige Minuten dort verbringen, so hilft er Ihnen, wenigstens kurz abzuschalten.
  • Üben Sie das Nein-Sagen. Nicht jede Aufgabe, die Ihnen gegeben wird, müssen Sie auch zwingend annehmen. Klären Sie Ihr Aufgabengebiet ab.
  • Probieren Sie verschiedene Entspannungstechniken für Körper und Geist aus.
  • Treffen Sie sich regelmäßig mit guten Freunden und Verwandten, das lenkt ab.




  • Quellen: Bundestherapeutenkammer-Studie zur Arbeitsunfähigkeit 2011 und 2012.

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