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Gelber Enzian

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Gentiana lutea ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Enziane (Gentiana) innerhalb der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae). Die Gattung der Enziane umfasst weltweit bis zu 400 Arten. Der Gelbe Enzian ist eine Gebirgspflanze aus Mittel- und Südeuropa. Es handelt sich um eine auffallende Pflanze, die  z. B. in den Pyrenäen, im Zentralmassiv, in den Alpen, in der Türkei und auf der Balkanhalbinsel und in den Karpaten vorkommt. Der Gelbe Enzian liebt kalkhaltige Böden und ist oft auf Weiden, ungedüngten Wiesen, Schutthalden oder an Felsen anzutreffen. In den Alpen kommt die Pflanze vereinzelt bis in 2.500 m Höhe vor.

Der Arzt Dioskurides (54-68 n. Chr) berichtet, dass der Enzian schon seit der Zeit des Königs Genthios von Illyrien (180–168 v. Chr.) bekannt ist. Dieser König war auch namensgebend für den Enzian. Die botanische Bezeichnung Gentiana ist der griechische Name für Arten dieser Gattung und wurde nachweislich seit 50 bis 100 n. Chr. verwendet. Laut Plinius dem Älteren hat dieser König als erster die Pflanze gegen die Pest eingesetzt.

Woran erkennt man den Gelben Enzian?

Der Gelbe Enzian ist eine ausdauernde, stattliche Pflanze mit Wuchshöhen zwischen 50 und 150 cm Höhe. Sie ist graugrün und vollständig kahl. Der Wurzelstock (Rhizom, nicht wie landläufig angegeben die Wurzel) ist mehrköpfig und erreicht oben mitunter die Dicke eines Arms. Dabei kann sie eine Länge von bis zu einem Meter erreichen. Der Stängel ist einfach, aufrecht, rund, wird etwa fingerdick und ist hohl. Die kreuzgegenständig angeordneten Laubblätter sind elliptisch, bläulichgrün, stark bogennervig gerippt. Sie erreichen eine Länge von bis zu 30 cm und sind bis zu 15 cm breit. In den Achseln der Hochblätter stehen bis zu zehn Blüten in Teilblütenständen. Die Blüten sind lang gestielten, fünfzählig und sehr einfach gebaut. Die fünf häutigen Kelchblätter haben eine blassgelbe Farbe und die fünf Kronblätter sind an ihrer Basis verwachsen und goldgelb. Es handelt sich um „Nektar führende Scheibenblumen“. Der Nektar wird also offen dargeboten.

Die Pflanze darf - vor allem ohne Blüten - nicht mit dem Weissen Germer verwechselt werden. Die Blüten der Pflanze erscheinen nämlich erst nach dem zehnten Jahr, die gesamte Pflanze kann bis zu 60 Jahren alt werden. In Deutschland und Österreich steht Enzian unter Naturschutz.

 

Wie wirkt der Gelbe Enzian?

Bezüglich der Wirkung von Arzneimitteln gibt es ein altes Sprichwort „Was bitter im Mund, ist dem Magen gesund“. Das passt haargenau auf den Enzian: Ein wässeriger Extrakt des Wurzelstocks dieser alten Heilpflanze schmeckt noch in einer wässrigen Verdünnung von 1:200.000 deutlich bitter. Durch die in der Droge enthaltenen Bitterstoffe wird der Appetit angeregt, die Entleerung des Magens nach der Speiseaufnahme beschleunigt und die Resorption von Nahrungsstoffen gefördert. Durch die Wirkung auf die Geschmacksnerven kommt es reflektorisch zu einer Anregung der Speichel- und Magensaftsekretion. Daher gilt Enzianwurzel(stock) auch nicht nur als Amarum (Bittermittel), sondern auch als Roborans und Tonikum. Bitterstoffdrogen sollen nur als Tee oder Tinktur eingenommen werden. In Kapsel- oder Drageeform würde die Wahrnehmung des bitteren Geschmacks verhindert werden. In Tierversuchen wurde zudem eine Steierung der Bronchialsekretmenge festgestellt.

 

Enzian sollte nicht bei bestehendem Bluthochdruck eingesetzt werden.

Auch Beschwerden durch Magen- und Darmgeschwüre gelten als Kontraindikation. Zudem sollte in der ersten Phase der Schwangerschaft auf die Verwendung von Enzian und seinen Präparaten verzichtet werden.

 

 Zusammengefasst die Anwendungsgebiete für den Gelben Enzian

  • Appetitlosigkeit
  • antibakteriell
  • menstruationsfördernd
  • tonisierend
  • Völlegefühl
  • Bauchschmerzen
  • Blähungen
  • Erkältungskrankheiten (Schnupfen)
  • kalte Füße
  • Blutarmut
  • Kreislaufbeschwerden
  • Krampfadern
  • Leber- und Gallenbeschwerden
  • Magenbeschwerden
  • mangelhafte Gallenabsonderung
  • mangelhafte Magensekretionsbildung
  • Müdigkeit
  • Nervenschwäche
  • Ohnmachtsanfälle
  • Rheuma
  • Schwindelgefühle
  • Sodbrennen
  • Übelkeit
  • Verdauungsbeschwerden bzw. -krankheiten
  • Verstopfung

 

Welche Wirkstoffe sind im Gelben Enzian enthalten?

Gelber Enzian enthält vor allem - wie alle Pflanzen der Gentianaceae -  Bitterstoffe. Die meisten von ihnen gehören zur Gruppe der Secoiridoidglykoside, beispielsweise Swerosid und Swertiamarin. Das Gentiopicrosid wurde bereits im letzten Jahrhundert entdeckt, davon sind 2-3 % im Wurzelstock vorhanden. Das bittere Prinzip konnte mit der Isolierung von Amarogentin [siehe Formel], das nur in geringer Konzentration (0.02 - 0.04 %) vorhanden ist, erschlossen werden. Wegen der Höhe des Bitterwertes ist dieses die wertbestimmende Komponente. Amarogentin ist noch in einer Verdünnung von 1:58 000 000 wahrnehmbar und gilt als die bitterste bekannte Substanz.

Weiterhin sind bis zu 55 % Kohlenhydrate vorhanden, vor allem Glukose, Fruktose, die Disaccharide Saccharose und Gentiobiose sowie das Trisaccharid Gentianose. Die enthaltenen Xanthone (u. a. Gentisin, Isogentisin, Methylgentisin, Gentisein, Gentiosid) sind für die Färbung verantwortlich und wirken außerdem antioxidativ. Der Wurzelstock enthält nur sehr wenig ätherisches Öl.

 

Welche Teile der Pflanze werden verwendet?

Als Arzneidroge wird die getrocknete Enzianwurzel Gentianae radix (Radix Gentianae, Bitterwurzel, Fieberwurzel) verwendet. Die Trocknung muss schnell erfolgen, da durch die sonst eintretende Gärung (wegen der enthaltenen Kohlenhydrate) der Wert starke gemindert wird. Die Droge wird nach dem Trocknen zerkleinert. Sie hat einen starken, nachhaltigen bitteren Geschmack. Aus den Wurzelstöcken werden ethanolische Extrakte und Tinkturen hergestellt.

  

Anwendung

Üblicherweise wendet man Enzian als Teezubereitung an. Dazu wird ein halber Teelöffel voll (1 bis 2 g) Enzianwurzel mit siedendem Wasser (ca. 150 ml) übergossen. Man lässt etwa 5 bis 10 min ziehen und seiht durch ein Teesieb ab. Der Tee kann auch durch Ansetzen mit kaltem Wasser und mehrstündiges Ziehen zubereitet werden. Von dem Tee trinkt man mehrmals täglich eine Tasse kalt oder mäßig warm 30 Minuten vor den Mahlzeiten.

Die Einnahme ist auch als Magentee sowie als Tropfen möglich, oftmals kombiniert mit anderen Drogen wie Wermutkraut, Schafgarbenkraut, Wacholder oder Tausendgüldenkraut.

Gelber Enzian ist übrigens auch Bestandteil von "Klosterfrau Melissengeist"®.

Zubereitungen aus Enzianwurzel sind unter anderem in Form von Tropfen, Tinkturen, Tabletten, Dragées und als Tee in Apotheken und Drogerien erhältlich.

 

Verschiedenes

In der Mythologie spielte der Gelbe Enzian schon früh eine Rolle. Er wurde für zahlreiche Beschwörungen und Rituale genutzt. Er wurde oft an Stelle der damals sehr teuren Alraunwurzel verwendet. Ganz allgemein galt der Gelbe Enzian als Symbol für Kraft und Stärke. 

Zur Herstellung des Enzian­schnapses wird vor allem Gentiana lutea verwendet und gezielt angebaut, seltener der Purpur-Enzian (Gentiana purpurea) [obwohl als bester für die Herstellung von Enzianschnaps geeignet], der ungarische Enzian (Gentiana pannonica) oder der Tüpfel-Enzian (Gentiana punctata). Das Destillat ist im Gegensatz zu Extrakten des Wurzelstocks nicht bitter!

In Tirol ist der Enzianschnaps ein registriertes traditionelles Lebensmittel. 

Auch auf den österreichischen Euro-Centmünzen ist der Enzian abgebildet, ebenso auf dem rumänischen Ein-Leu-Schein und auf dem Schweizer Fünffrankenstück.

 


Dr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Dozent, Lebensmittelchemiker
Ostlandstr. 53a
50859 Köln

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