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Das Vier-Ohren-Modell der Kommunikation

Kommunikation ist ein ständiges Hin und Her, ein Senden und Empfangen von Botschaften. Dabei kommt es oft zu Missverständnissen und Streit, weil bestimmte Aussagen nicht deutlich genug formuliert oder falsch verstanden werden.

Der eine redet, der andere hört zu, eigentlich ein simples System – so glaubt man – doch die Tücken sind vielfältig und auf bewusster Ebene oft nicht wahrnehmbar. Hier kommt das Vier-Ohren-Modell ins Spiel.

Der deutsche Psychologe Friedrich Schulz von Thun geht davon aus, dass jede Nachricht vier verschiedene Seiten bzw. Ebenen hat:

  • die Sachebene (eine Sachinformation, worüber ich informiere),
  • die Beziehungsebene (was ich von dir halte, wie ich zu dir stehe) und
  • die Selbstoffenbarungsebene (was ich von mir zu erkennen gebe),
  • die Appellebene (was ich bei dir erreichen möchte).

Typisches Beispiel zum Verständnis des Vier-Ohren-Modells ist der Satz „Da vorne ist grün“. Eine Frau sitzt am Steuer des PKWs und ihr Mann, der Beifahrer, macht sie darauf aufmerksam, dass die Ampel auf „grün“ steht.

1) Auf der Sachebene steht die Sachinformation im Vordergrund, es geht um Daten, Fakten, Sachverhalte. Die Sachinformation ist prüfbar auf Wahrheit (ist die Aussage wahr oder unwahr), 2) Relevanz (sind die Sachverhalte wichtig oder unwichtig) und 3) Hinlänglichkeit (sind die Sachhinweise für das Thema ausreichend oder nicht).

Versteht und reagiert unsere Fahrerin auf der Sachebene, schaut sie kurz auf und nickt, wenn die Ampel grün zeigt, oder widerspricht, wenn die Ampel nicht grün zeigt.

Auf der Beziehungsseite sind Art der Formulierung, Tonfall, Mimik und Körperhaltung entscheidende Faktoren für das Verständnis. Wie ich mit jemandem spreche, zeigt, wie ich zu ihm stehe und was ich von ihm halte. In jeder Äußerung steckt somit ein Beziehungshinweis, besonders für die, die über ein überempfindliches Beziehungs-Ohr verfügen. Der Empfänger stellt sich nun die Fragen „Wie fühle ich mich durch die Art, wie der andere mit mir spricht, behandelt?“ und „Was hält der andere von mir, wie steht er zu mir?"

Auf der Beziehungsebene nimmt die Frau den Satz „Da vorne ist grün“ ganz anders wahr als auf der Sachebene. Z. B. denkt sie, dass ihr Mann ihr sagen möchte, wie sie zu fahren hat, oder er besser weiß, wie man Auto fährt und sie seine Hilfe braucht. Je nach Temperament und Selbsteinschätzung wird sie seine „Hilfestellung“ annehmen oder gegen die „Bevormundung“ Protest einlegen.

Jede Äußerung enthält eine Selbstoffenbarung, einen Hinweis darauf, was in mir vorgeht, wofür ich stehe, wie ich mich selbst sehe. Dies kann explizit – in Form einer Ich-Botschaft – oder implizit geschehen. Der
Empfänger erfährt hier also mehr über den Sender: Was ist der für einer? Wie ist er gestimmt? Was denkt er?

Wenn die Autofahrerin den Satz ihres Mannes „Da vorne ist grün“ auf der Selbstoffenbarungsebene wahrnimmt, versteht sie z.B., dass er mehr sieht als sie und der Meinung ist, ihr beim Auto fahren helfen zu müssen, damit sie die Orientierung behält.

Auf der Appellebene geht es offen oder verdeckt um Wünsche, Appelle, Ratschläge und Handlungsanweisungen. Wenn ich mit jemandem kommuniziere, will ich i. d. R. auch etwas Bestimmtes erreichen, Einfluss nehmen. Die auf der Appellebene hörende Frau am Steuer versteht ein Kommando: Ihr Mann will wohl, dass sie schneller fährt und sie sich beeilen soll.

Das Vier-Ohren-Modell zeigt, wie schnell und ungewollt Missverständnisse entstehen können, die häufig eskalieren und nur im Nachhinein geklärt werden können, wenn sich alle Beteiligten wieder beruhigt haben. Daher ist es wichtig, so genau und deutlich wie möglich zu kommunizieren und sich klar zu werden, auf welchem der vier Ohren man am meisten hört und am empfindlichsten ist.

Text: HP PSY Abbas Schirmohammadi für Heilpraktiker.de

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