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Homöopathie fürs Tier

Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann entdeckte Ende des 18. Jahrhunderts an der Wirkweise eines Malariamittels, dass es je nach Dosierung krankheitsähnliche Symptome auslösen, aber auch heilend wirken kann, wenn man es verdünnt.

Bereits der bekannte griechische Arzt und Heiler Paracelsus sagte „Die Dosis macht das Gift“. Die Homoöpathie erweitert dies in „Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt („similia similibus curentur“).

Hahnemann verfeinerte seine Arzneiherstellung immer weiter, entwickelte eine spezielle Methode der Verdünnung („Potenzierung“) und erweiterte die Mittelpalette immer mehr – häufig im Selbstversuch! Er schrieb das „Organon der Heilkunst“, gewissermaßen die „Bibel“ der Homöopathen. Dieses Buch erschien mit der Zeit in immer mehr Auflagen und Übersetzungen, wobei jede neue Ausgabe deutlich erweitert wurde. Hahnemanns Tod hat die Entwicklung nicht aufgehalten: Ärzte und Heilpraktiker in der ganzen Welt haben die Homöopathie weiter entwickelt, neue Mittel gefunden, zusätzliche Potenzierungsmethoden entdeckt und auch die Verabreichung der Mittel optimiert. Die Arzneien stammen heute aus dem Pflanzen-, Tier- (z.B. Bienen- und Schlangengifte) und Mineralspektrum. In „Nosoden“ wirken sogar Krankheitserreger als Heilmittel. Im „Arzneimittelbild“ werden alle Reaktionen und Wirkweisen der jeweiligen Substanz festgehalten. Homöopathie ist – wie die ganze Medizin – ein dynamischer Prozess! Auch heute werden neue Mittel und weitere Anwendungsbereiche gefunden, und sicher gibt es auch in Zukunft noch viel zu entdecken!

Wie kann nun die Homöopathie für Tiere angewandt werden? Die klassische Homöopathie versucht, das „eine“ passende Mittel für den Patienten zu finden. Der Therapeut untersucht den Patienten und fragt dabei nach vielen Umständen, die scheinbar nichts mit der Krankheit zu tun haben. Zur Verdeutlichung: Schulmediziner sehen sich den Patienten an, fragen nach den Symptomen einer Krankheit, setzen weitere diagnostische Maßnahmen ein (Abtasten, Abhören, Fieber messen, Blutabnahme, Röntgen und was noch alles der Krankheitsfindung dienen kann). Zum Schluss kommt eine Diagnose heraus: Nierenschaden, Herzminderleistung, Zahnstein, Katzenschnupfen etc. Ist die Diagnose gestellt, wird versucht, die Krankheit zu bekämpfen: die nieren- oder zuckerkranke Katze bekommt eine Diät, der Hund mit einer Entzündung ein Antibiotikum, ein Allergiker Cortison, ein Tumor wird operiert, der Zahnstein entfernt.

Klassische Homöopathen gehen völlig anders vor: eine körperliche Untersuchung wird von einigen Therapeuten durchaus gemacht, aber die Absicht ist eine andere. Homöopathen betrachten nicht das einzelne Symptom, sondern den gesamten Organismus, und zwar Körper, Geist und Seele. Diese Sichtweise nennt man „ganzheitlich“. Wenn ein Homöopath die Temperatur misst und Fieber feststellt, ist dies nur ein Hinweis auf ein Geschehen im Körper – irgendetwas ist ins Ungleichgewicht geraten. Das Fieber ist aber nur ein Hinweis, die Suche geht weiter!

Eine homöopathische Mittelfindung erfordert einen ganzen Fragenkatalog – und weil das Tier uns nur wenig sagen kann, ist hier der Besitzer gefragt. Die Fragen gehen sehr ins Detail, auch der Charakter des Tieres spielt eine Rolle. Ob ein Kater eher ein fröhlicher Katzenkumpel ist oder eher ein eigenbrötlerischer Mäkelbruder, kann zu einem erheblichen Unterschied in der Mittelwahl führen, auch wenn die beiden dieselben Symptome zeigen. Neigt Bello zu Ohrmilbenbefall, macht es in der Homöopathie einen großen Unterschied, ob eher das linke oder das rechte Ohr betroffen ist! In der „Repertorisation“ gewichtet der Therapeut die Feststellungen, denn manche Symptome und Feststellungen sind für die Mittelfindung wichtiger als andere.

Hier wird deutlich, dass Homöopathie ein aufwendiges Verfahren ist. Der Vorteil ist jedoch, dass unser Tier ein Mittel erhält, das ganz genau auf ihn abgestimmt ist! Individueller kann Medizin kaum sein! Der Schulmediziner verpasst dem fiebernden Kaninchen ein Antibiotikum. „Wenn es in drei Tagen nicht besser ist, kommen Sie wieder.“ Und: Welche Art der Medizin verschafft uns instinktiv ein besseres Gefühl?

Nein, nicht alle Tierärzte machen Medizin nach „Schema F“, viele bemühen sich sehr um ihre Patienten! Und nein, die Homöopathie kann nicht alles – aber viel! Wissenschaftler haben großartige Medikamente und Methoden entwickelt: Antibiotika, Cortison, Operationen und viele weitere Methoden können Leben retten, vor allem im Akutfall! Wurde der Hund beispielsweise vom Auto angefahren, gehört er unbedingt in die Tierklinik.

Gerade bei chronischen Erkrankungen sind die Mittel der Schulmedizin jedoch häufig begrenzt. Hautkrankheiten sind ein gutes Beispiel. Sind Parasiten ausgeschlossen oder bekämpft, bleiben dem Tierarzt häufig nur noch Cortison-Präparate – ein wertvolles Mittel bei einem akuten Allergiegeschehen (z.B. Bienenstich im Rachen mit Zuschwellen der Atemwege), bei länger dauerndem Gebrauch sind die Nebenwirkungen jedoch nicht zu vernachlässigen.

Für den Homöopathen sind Hautkrankheiten ein Zeichen eines innen liegenden Prozesses, der durch das Cortison lediglich unterdrückt wird. Vielleicht ist das Immunsystem geschwächt. Vielleicht hat der Körper im Lauf der Zeit Giftstoffe angesammelt, die über die Haut ausgeleitet werden. Vielleicht hat die Katze Stress, der sich im Hautgeschehen äußert. Heilung geschieht demnach von innen. Geht es der Katze rundum gut, ist alles „im Lot“, wird auch die Haut besser. Eine homöopathische Therapie wirkt von innen nach außen, es kann also ein wenig dauern, bis man eine Verbesserung merkt und sieht. In vielen Fällen zeigt eine „Erstverschlimmerung“ an, dass ein Prozess in Gang kommt, der Körper sich also mit dem Mittel auseinandersetzt. Ist das Mittel richtig, kommt danach der Heilungsprozess. Durch die verschiedenen „Potenzen“ ist eine Feinabstimmung der Therapie möglich.

Homöopathie wirkt durch die „Information“ des Mittels. Die Tiefpotenzen enthalten messbare Grundstoffe und werden eher bei akuten Geschehen eingesetzt. Je mehr verdünnt wird, desto weniger „stoffliche“ Moleküle enthält das Mittel, desto höher ist jedoch der Informationsgehalt, und diese Hochpotenzen werden eher bei chronischen Leiden oder zur Regulierung der Psyche eingesetzt. Die Wissenschaft kann die Wirkung (vor allem) der Hochpotenzen bis heute nicht erklären, was natürlich die Kritiker auf den Plan ruft. Die Befürworter wissen jedoch, dass sich gerade ein Tier nichts „einbilden“ kann. Der „Placebo-Effekt“ ist bei Tieren daher nicht gegeben. Die Gegner argumentieren auch, Homöopathie nütze nur durch die größere Aufmerksamkeit, die man durch die aufwendige Beobachtung und Befragung dem kranken Individuum schenke. Hand aufs Herz: Wäre es denn so schlimm, wenn die Wirkung „nur“ darin bestünde?

Die klassische Homöopathie ist ein aufwendiges Verfahren, das sich grundlegend von der Schulmedizin unterscheidet. Nun wird auch deutlich, dass es mit den im Buchhandel erhältlichen Ratgebern oft nicht weit her ist. Natürlich gibt es Mittel, die sich für eine „Hausapotheke“ und für alltägliche Unpässlichkeiten eignen. Da diese Mittel aber nicht individuell auf den Patienten abgestimmt sind, kann es sein, dass sie einfach nicht wirken wollen. Hier der Homöopathie die „Schuld“ zu geben, wird der Sache nicht gerecht!

Neben der „klassischen“ Homöopathie gibt es noch weitere Anwendungsformen. Da die genaue Repertorisation ein sehr aufwendiges Verfahren ist und vom Anwender eine lange Lehr- und Erfahrungszeit erfordert, haben Ärzte und Wissenschaftler Arzneimittel entwickelt, die verschiedene Homöopathika enthalten, und solche, die verschiedene Mittel zusätzlich in verschiedenen Potenzen bieten. Diese Mischungen nennt man „Komplexmittel“, sie werden symptomatisch angewandt. So gibt es z.B. Mittel für bakterielle oder virale Erkrankungen, solche, die Nieren oder Leber unterstützen, andere, die das Immunsystem stärken etc. Vergleicht man dies mit dem oben genannten, werden diese Mittel gewissermaßen wie schulmedizinische Arzneien angewandt. Wie bei den Homöopathie-Ratgebern in der Buchhandlung oder im Internet kann die Anwendung dieser Komplexmittel fehlschlagen, da sie nicht auf den jeweiligen Patienten abgestimmt sind. Das heißt nun nicht, dass sie nicht wirken! Bei einer sorgfältigen Auswahl durch den Therapeuten sind auch die Komplexmittel wertvolle Arzneipräparate.

Die Homöopathie ist für alle Tierarten geeignet! Ob Katze, Hund oder Pferd … selbst Nutztiere werden in der ökologischen Landwirtschaft oft homöopathisch betreut. Auch kleine Heimtiere wie Kaninchen, Wellensittiche oder Reptilien profitieren von den „Globuli“ genannten Kügelchen, den Tropfen oder Injektionslösungen. Tierhalter, die die Homöopathie als Alternative oder Ergänzung zur Schulmedizin wählen möchten, tun auf jeden Fall gut daran, sich an einen Tierheilpraktiker oder naturheilkundlich arbeitenden Tierarzt zu wenden, und „Bello, Miezi & Co.“ nicht im Selbstversuch zu behandeln.

 

Andrea C. Schäfer, Tierheilpraktikerin

 

 

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