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Gebühren-(Un)ordnung für Heilpraktiker

Quod non in actis, non in mundi – meinte ein alter Römer:
„Was nicht in den Akten steht, kann es einfach nicht geben“, und wie sehr sprach er da dem Deutschen aus der Seele! Das sprichwörtliche Ordnungs- und Regelungs-bedürfnis der Deutschen verführte Anfang der 80er des letzten Jahrhunderts eine Handvoll Heilpraktikerverbandsfunktionäre aus Schilda dazu, eine Empfehlungsliste namens „Gebührenordnung für Heilpraktiker“ zusammenzustellen, die sie „GebüH“ nannten, weil die Ärzte auch so was hatten, nämlich die „GOÄ“. Musste nicht für HP billig sein, was für Ärzte recht ist? Und wie praktisch wäre es doch, wenn die Kollegenschaft bei der Rechnungsstellung nur noch nachblättern müsste?

Kaum war sie veröffentlicht, wurde die „GebüH“ vom Bundeskartellamt als unerlaubte Preisabsprache verboten. Unseren Schildbürgern ließ das keine Ruhe! Sie gaben daher eine Umfrage in Auftrag, befragten ein paar Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, was sie so für die einzelnen Rechnungspositionen verlangen, und stellten im April 1985 mit den Minima und Maxima der Angaben eine Liste zusammen, die sie dann erneut als w„GebüH“ veröffentlichten und die nunmehr „Gebühren verzeichnis für Heilpraktiker“ heißen und angeblich eine repräsentative Statistik sein sollte.

Sie hatten damit ein wahrhaft bösartiges Alien in die Welt gesetzt, das bis heute den Heilpraktikern erhebliche Probleme und unermesslichen Schaden zugefügt hat und weiter zufügt.

"Zwar war die Liste damals schon alles andere als repräsentativ, denn die befragten Kollegen spielten ihre Honorare herunter, in der Annahme, das Finanzamt würde ihnen auf der Basis ihrer Angaben die Rechnung präsentieren. Jedoch schuf die dubiose Liste leider sofort echte Fakten: Kaum war sie veröffentlicht, bezogen sich die privaten Krankenversicherungen und andere Leistungsträger darauf – und tun dies bis heute. Auch viele HP Kolleginnen und Kollegen halten die GebüH bis heute fälschlicherweise für eine gesetzliche Norm, die Abrechnungsgrenzen verbindlich vorgibt, und richten sich in ihren Honorarabrechnungen nach dieser uralten Liste.

Das Gebü(verzeichnis)H bewirkt seit eh und je genau das, weswegen das Kartellamt einst die „Gebü(ordnung)H“ verboten hatte: Sie wirkt als Preisabsprache, wenn auch hier nicht zum Nachteil der Verbraucher, sondern zum Nachteil der Heilpraktiker. Vielleicht ist deshalb das Kartellamt nicht gegen die amtsanmaßende Bezeichnung „GebüH“ und das ganze Delaborat vorgegangen. Dass die GebüH nichts taugt, hat immerhin das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 12. November 2009 festgestellt, nach welchem ein Dienstherr die Beihilfe zur Heilpraktikerbehandlung nicht pauschal auf den seit April 1985 geltenden Mindestsatz der GebüH beschränken darf. Die Beträge seien nie fortgeschrieben worden und entsprächen damit nicht den realen und auch zeitlich angemessenen Gebührenforderungen der Heilpraktiker (Aktenzeichen: BVerwG 2 C 61.08).

Das ist den Herausgebern dieses existenzbedrohenden Giftpapiers, nämlich den 6 in der „Kooperation Deutscher Heilpraktikerverbände“ zusammen wurstelnden privatrechtlichen Vereinen längst bekannt, aber sie halten es bis heute nicht für nötig, die GebüH zu widerrufen oder wenigstens upzudaten. Das heißt, die Heilpraktiker rechnen, dank der Fürsorge dieser Vereinsmeier aus Schilda, heute noch immer nach Gebührensätzen ab, die ein Vierteljahrhundert(!) alt sind. Die Liste trägt auch in keiner Weise der Entwicklung der alternativen Verfahren Rechnung, es fehlen hunderte wichtiger neuer Abrechnungspositionen, die längst einen Großteil der Arbeit in der Heilpraktikerpraxis ausmachen. Oft bestehen die Abrechnungen nurmehr aus einer Fülle von Positionen, die auf die GebüH-Ziffern umgerubbelt oder in Analogie zu vergleichbaren GebüH-Ziffern angewandt werden müssen.

Viele Krankenversicherungen tun sich sehr schwer mit der Anerkennung dieser neuen Therapien. Die Ärzte haben da längst für Abhilfe gesorgt und die neuen Leistungen in die GOÄ, das Hufelandverzeichnis oder das Leistungsverzeichnis naturheilkundlich arbeitender Zahnärzte LNZ aufgenommen, wodurch sie als IGEL-Leistungen berechnet werden können, aber Heilpraktikern, die sich auf diese Verzeichnisse berufen möchten, wird das verweigert.

Einige private Krankenversicherungen berufen sich sogar neuerdings trotz des Bundesverwaltungsgerichtsurteils auf die Mindestbeträge (Mindestsätze) der GebüH.

Die GebüH hat ein Eigenleben entwickelt, das bis heute fortwährt und die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Berufsstands negativ beeinträchtigt.

 

 

Eckhardt W. Martin

 

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