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Chronischer Schnupfen: Keine Lappalie

Was Außenstehende häufig als banal bewerten, stellt für Betroffene ein großes Problem dar: Ein chronischer Schnupfen. Nicht nur auf Grund der direkt daraus resultierenden Symptome wie ständig verstopfter Nase usw., sondern auch aufgrund der möglichen Folgen, etwa schlechtem Schlaf oder verminderter Konzentration.
Die Ursachen einer solchen chronischen Rhinosinusitis können dabei sehr vielfältig sein: Vom geschwächten Immunsystem über häufige Erkältungen und Allergien bis hin zu anatomischen Gegebenheiten. Allzu oft findet sich aber erst gar keine konkrete Ursache – was die Sache zwar nicht einfacher, just deshalb aber häufig zu einem Fall für die Naturheilkunde macht. Wie man in einem solchen Fall behandeln kann, ggf. auch ohne Eigenbluttherapie, beschreibe ich in folgendem Text.

Buchstäblich am Ende einer Odyssee fühle er sich, meinte Wolfram G. (39), als er meine Praxis vor rund dreieinhalb Jahren zum ersten Mal aufsuchte. Was er damit meinte, beschrieb er wie folgt: So arbeite er u.a. als Pendler bei einer Luxemburger Bank, was in seinem Fall mit langen Fahrtwegen zur Arbeit und wieder zurück verbunden ist. „Dabei war mir zuletzt oft recht mulmig zumute, weil ich mich kaum noch zum konzentrierten Autofahren in der Lage sah“, erklärte er. Zwar leide er schon zeitlebens unter einer häufig verstopften und äußerst empfindlichen Nase, wogegen er auch schon einiges unternommen habe. Das Problem nehme aber mittlerweile Formen an, die ihn nachts nicht mehr ruhig schlafen lasse. Nicht nur, weil er kaum noch durch die überwiegend verstopfte Nase atmen könne, sondern auch, weil er immer häufiger darüber nachdenke, was er eigentlich noch zur Verbesserung der Situation unternehmen könne. „Dann liege ich wach und kann nur durch den Mund atmen. Schlafe ich denn doch mal endlich ein, werde ich wach, weil mir der Speichel aus dem Mund aufs Kissen läuft oder weil ich wegen zu trockener Luftröhre husten muss.“

Zu vieles habe er schon erfolglos unternommen: Von der Nasenscheidewand-Korrektur mit Nasenmuschel-Verkleinerung bis zur Hyposensibilisierung aufgrund nachgewiesener Allergien gegen Hausstaubmilbenkot und Gräserpollen „und so weiter und so fort“. Alles ohne Erfolg, weshalb er sich nun an einen Heilpraktiker wende – was ihm nicht zuletzt von seiner Frau ans Herz gelegt worden sei. Außer seiner Nasenproblematik machte G. ansonsten einen gesundheitlich stabilen Eindruck, einmal abgesehen von leichtem Übergewicht – 90 Kilogramm bei 1,78 Meter Körpergröße und eher stämmiger Statur (Kretschmer-Konstitutionstyp Pykniker) – sowie moderat erhöhten Leberwerten. Auch die bereits häufiger verschriebenen Antibiotika habe er „gut verdaut“, weshalb er die von mir vorgeschlagene Darmsanierung (zum Beispiel Ardeypharm, Dr. Wolz u.a.) ablehnte; genauso übrigens, wie eine Eigenbluttherapie. Und da auf Grund der derzeitigen Gesetzeslage niemand sagen kann, ob letztgenannte in meinen Augen sehr sinnvolle Therapieform dem Heilpraktiker-Berufsstand dauerhaft erlaubt bleiben wird, stelle ich im folgenden beispielhaft die Therapie vor, wie ich sie in G.‘s Fall durchführte. Sprich, ohne Darmsanierung und Eigenbluttherapie, die ich sonst zumindest zusätzlich zu den im folgenden Text genannten Maßnahmen in Betracht gezogen hätte.

Die konkrete Behandlung lief indes im Detail ab wie folgt:

Komplexhomöopathische Therapie:

Zur Behandlung von chronischem Schnupfen verwende ich in der Regel die Phönix-Präparate Acidum nitricum S Phcp, Aralia S Phcp, Gelsemium Phcp, Kalium bichromicum Phcp, Mercurius solubilis Phcp und Dulcamara S Phcp, die ich im Folgenden kurz porträtieren möchte.

  • Acidum nitricum S Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Acidum nitricum Dil. D10, Helianthus annuus Dil. D10, Hepatica triloba (HAB 1934) Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 6 Wochen der Behandlung jeweils 3x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
  • Aralia S Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Aralia racemosa Dil. D10, Atropa bella-donna Dil. D10, Eucalyptus globulus Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 6 Wochen der Behandlung jeweils 3x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
  • Dulcamara S Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Argentum metallicum Dil. D10, Atropa bella-donna Dil. D10, Solanum dulcamara Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 6 Wochen der Behandlung jeweils 3x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
  • Gelsemium Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Citrullus colocynthis (HAB 1934) Dil. D10, Gelsemium sempervirens Dil. D10, Kalium bichromicum Dil. D10, Pulsatilla pratensis Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 4 Wochen der Behandlung jeweils 2x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
    Mögliche Nebenwirkungen: Sehr selten können Hautreaktionen auftreten. In einem solchen Fall sollte das Mittel abgesetzt werden.
  • Kalium bichromicum Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Aurum chloratum Dil. D10, Conium maculatum Dil. D10, Kalium bichromicum Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 4 Wochen der Behandlung jeweils 2x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
    Mögliche Nebenwirkungen: Sehr selten können Hautreaktionen auftreten. In einem solchen Fall sollte das Mittel abgesetzt werden.
  • Mercurius solubilis Phcp:
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Acidum arsenicosum Dil. D10, Iodum Dil. D10, Mercurius solubilis Hahnemanni Dil. D10, Pulsatilla pratensis Dil. D10, Sulfur Dil. D10.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 4 Wochen der Behandlung jeweils 2x5 Globuli täglich, im Anschluss weitere 4 Wochen 1x5 Globuli täglich. Danach bei Bedarf und im akuten Fall bis zu 6x5 Globuli täglich.
    Gegenanzeigen: Bei Schilddrüsenerkrankungen nicht ohne ärztlichen Rat anwenden.
    Mögliche Nebenwirkungen: Nach Anwendung kann Speichelfluss auftreten. Gelegentlich können außerdem allergische Reaktionen gegen Quecksilber auftreten. In einem solchen Fall sollte das Mittel abgesetzt werden.
    Bei sämtlichen vorgestellten Phönix-Präparaten handelt es sich indes um registrierte homöopathische Arzneimittel ohne Angabe von Anwendungsgebieten, die des Weiteren Sucrose (Saccharose) enthalten.
    Parallel zu den Phönix-Präparaten verordnete ich ein weiteres registriertes homöopathisches Arzneimittel:
  • Spenglersan G-Rhinol: Inhaltlich betrachtet handelt es sich dabei um das ursprüngliche Immunkolloid G zum Einreiben in die Haut von Spenglersan, das mittlerweile aber auch als Nasenspray erhältlich ist.
    Therapie-relevante Inhaltsstoffe: Antigen- bzw. Antitoxin-Urtinkturen aus Influenza A Virus, Haemophilus influenzae und Klebsiella pneumoniae subsp. pneumoniae –
    wodurch eine sowohl aktive als auch passive lmmunisierung stattfindet und eine regulative lmmunmodulation ermöglicht wird.
    Dosierung im Falle G.: Während der ersten 6 Wochen der Behandlung jeweils 5x3 Sprühstöße in jedes Nasenloch, danach nach individuellem Bedarf.

TCM-Akupunktur:

Daneben setze ich auf eine Akupunktur gemäß Traditioneller Chinesischer Medizin. Diese interpretiert den chronischen Schnupfen als Lungen- und Milz-Qi-Mangel. Gestochen werden – ggf. auch in Kombination –
können dabei meiner Erfahrung nach grundsätzlich folgende Punkte:

  • Bl 13:
    Lokalisation: hintere Medianlinie, auf Höhe der Vertiefung kaudal des Processus spinosus Th3, 1,5 Cun lateral der Unterkante des Dornfortsatzes des 3. Brustwirbels
    Charakteristik (generell): unterstützt Lunge (gemeinsam mit Lu 9)
  • Bl 20:
    Lokalisation: 1,5 Cun lateral Dornfortsatz BWK 11
    Charakteristik (generell): stärkt die Milz (gemeinsam mit Ma 36 und Ren 12)
  • Di 4:
    Lokalisation: Handrücken, höchster Punkt des Muskelwulstes zwischen Metacarpale I und II
    Charakteristik generell: Stoffwechsel-Punkt / Yuan-Quell-Punkt, der Wind-Kälte und Wind-Hitze entfernt
  • Di 20:
    Lokalisation: Nasolabialfalte, neben Mittelpunkt des lateralen Nasenflügelrands
    Charakteristik generell: klärt die Lunge, entlastet die Nase, zerstreut Wind, macht die Leitbahn durchgängig
  • Du 12:
    Lokalisation: unterer Dornfortsatz BWK 3
    Charakteristik generell: tonisiert Abwehr-Qi
  • Lu 9:
    Lokalisation: quere Handgelenksfurche
    Charakteristik generell: stärkt Abwehr-Qi, unterstützt Lunge (gemeinsam mit Bl 13)
  • Ma 36:
    Lokalisation: 0,5 Cun lateral der vorderen Tibiakante, 1,5 Cun unterhalb des unteren Randes des Fibula-Köpfchens
    Charakteristik (generell): stärkt die Milz (gemeinsam mit BL 20 und Ren 12)
  • Mi 3:
    Lokalisation: knapp proximal Großzehen-Grundgelenk, auf Sehne des M. abductor hallucis
    Charakteristik (generell): wirkt u.a. ausgleichend auf Milz und Magen
  • Ren 6:
    Lokalisation: 1,5 Cun unterhalb Bauchnabel
    Charakteristik (generell): stärkt und belebt allgemein das Qi
  • Ren 12:
    Lokalisation: mittig zwischen Bauchnabel und Xiphoid
    Charakteristik (generell): stärkt die Milz (gemeinsam mit Ma 36 und BL 20)

Spätestens nach sechs bis acht Akupunktur-Sitzungen (2x pro Woche) wird so in der Regel eine deutliche Beschwerdelinderung erreicht. Die Dauer der gesamten Therapie hängt jedoch nicht nur vom Erfolg der Akupunktur ab, sondern ist stark individuell und von Fall zu Fall anzupassen.
Im konkreten Falle G. entschied ich mich indes für die Kombination der Punkte Bl 13, Bl 20, DI 20, Du 12, Lu 9, Ma 36, Mi 3 und Ren 6. Zum einen, weil ich nicht zu viele Nadeln setzen wollte, was manchen Patienten überfordert. Zum anderen, weil mir diese Kombination auf Grund der vorliegenden Symptomatik am schlüssigsten erschien.
Fazit: Die beschriebene Symptomatik besserte sich schrittweise. Heute – rund drei Jahre nach Therapiebeginn – erklärt der auf Grund anderweitiger Beschwerden sich wieder bei mir in Behandlung befindende Patient, sein „Problem habe sich um satte 80 Prozent verbessert“. Er habe zwar immer noch eine empfindliche Nase, vor allem während der Zeit des Gräserpollenflugs. Diese sei aber nicht mehr kontinuierlich verstopft, sondern nur noch manchmal, etwa bei zu stark eingestellter Klimaanlage. Damit könne er gut leben und auch Sport treiben usw.
Medikamente gegen den chronischen Schnupfen benötige er keine mehr. Auch von den früher täglich notwendigen Nasenspülungen müsse er nur noch sporadisch Gebrauch machen. Vor allem der verbesserte Schlaf trage zu einer deutlich verbesserten Lebensqualität bei, da er nicht mehr wach werde auf Grund aus dem Mund laufendem Speichels oder einem trockenen Hals, verursacht durch Mundatmung wegen verstopfter Nase. Er sei insgesamt zufrieden und fühle sich „fit“.


Autor:

Johannes W. Steinbach ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Fachbuchautor und Herausgeber von heilpraktiker-lernskripte.de (www.heilpraktiker-lernskripte.de).

Kontakt:

Naturheilpraxis Steinbach
Schillerstr. 18, 54329 Konz

Literatur

  • Praxishandbuch Akupunktur, Urban & Fischer, Stuttgart
  • Seirin-Bildatlas der Akupunktur, KVM-Verlag, Marburg

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