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Chronische Bronchitis: Gesamtkonstitution stärken

Es gibt Fälle, die berühren einen mehr als andere. Auch wenn man sich selbst noch so oft mantramäßig einredet, professionell mit allen Patienten und deren Krankheiten umgehen zu können. Von so einem Fall möchte ich hier berichten. Und davon, welche Therapie stattfand und wie diese verlief.

Der „spezielle Fall“ heißt Kim, ist heute sechs Jahre alt und damit nur zwei Jahre älter als mein eigener Sohn. Auch das wahrscheinlich einer der Gründe dafür, warum mich seine Krankheitsgeschichte weit über die „normale“ Praxistätigkeit hinaus beschäftigte.

Des Weiteren ist es aber so, dass der Junge nicht nur unter Diabetes mellitus (Typ 1) leidet, sondern auch unter einer chronischen Bronchitis, die sich immer wieder ihren Weg sucht und sehr lange ausschließlich mit Kortison behandelt wurde.

Trotz allem ein fröhliches und aufgewecktes Kind: So zumindest war mein erster Eindruck von Kim, als die Mutter erstmals im Winter 2014 mit ihm im Schlepptau meine Praxis aufsuchte. Viereinhalb Jahre alt, 18,5 kg schwer, den Schalk im Nacken und stets aktiv: So weit das erste Bild, das sich aber bald als trügerisch herausstellen sollte.

So litt Kim bereits seit seinem 3. Lebensjahr an Diabetes mellitus Typ 1. Ein Leiden, das im Stammbaum des Vaters häufiger zu finden ist. Bemerkbar machte sich das schlagartig darin, dass das Kind von einem Tag zum anderen plötzlich immer größere Mengen trinken musste. Ein mit der Familie befreundeter Arzt riet deshalb zum schnellstmöglichen Termin, einen eventuellen Diabetes mellitus als Ursache diagnostisch auszuschließen – was offensichtlich misslang.

Dazu kam ein weiteres Problem: Kim leidet von frühester Kindheit an unter chronischer Bronchitis. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass er ohne Medikamente während Herbst und Winter, häufig aber auch in Frühling und Sommer, unter durchgehendem Husten mit zum Teil anfallartigen Beschwerden leidet. Dermaßen schlimm, dass die Eltern des Öfteren Angst hatten, ihr Kind würde ersticken.

Daraufhin suchten sie zunächst einen überwiegend anthroposophisch orientierten Kinderarzt auf. Der wiederum erklärte nach einigen erfolglos verlaufenen Behandlungsansätzen, das Kind müsse kontinuierlich und täglich Kortison inhalieren. Etwas, was er zwar keineswegs gut heiße, wozu er aber keine Alternative sehe. Außerdem etwas, dessen Folgen ich im weiteren Verlauf der Erstkonsultation in meiner Praxis feststellen musste: So zeigte sich beim Abhören von Kims‘ Oberkörper bereits eine deutliche Stammfettbildung, die zu Beginn des Erstbehandlungstermins nicht mit bloßem Auge zu erkennen war, da der Junge einen dicken Anorak trug.

Eventuell erschwerend hinzu kommt, dass der Junge einen Waldkindergarten besucht. Das bedeutet, dass die Kinder den ganzen Tag im Wald verbringen: egal zu welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter. Eine Idee, die mir zwar grundsätzlich gefällt. Ob sie aber in Kims‘ speziellem Fall tatsächlich so das Richtige ist, möchte ich einmal dahingestellt lassen. Darüber zu diskutieren habe ohnehin keinen Sinn, wie mir die Eltern von Anfang an nachdrücklich und eindeutig versicherten. Zumal sich die Auswahlmöglichkeiten einer geeigneten KiTa auch insofern relativiert, dass längst nicht jeder Kindergarten auf ein an Diabetes erkranktes Kind eingestellt ist.

Und da ich nun einmal der festen Meinung bin, dass sich Diabetes mellitus Typ 1 grundsätzlich nicht heilen lässt, auch nicht mit naturheilkundlichen Therapieverfahren und Medikamenten egal welcher Art, sah ich meinen Auftrag vor allem darin, mich um die chronische Bronchitis des Jungen zu kümmern.

Dabei ging ich im Detail vor wie folgt:

1. Vorbereitende Dickdarm-Sanierung:

Um ideale Voraussetzungen für die spätere eigentliche Therapie zu schaffen, führte ich zunächst eine 15-tägige Darmsanierung durch. Zumal die Anamnese des Jungen ergab, dass er auch schon einige Male Antibiotika eingenommen hatte.
Dafür verwende ich in meiner Praxis gerne das Produkt „Mutaflor Suspension“ von Ardeypharm, das nach Herstellerangaben Bakterien des Stamms Escherichia coli Nissle 17 enthält und im Kühlschrank gelagert werden muss. Die kindgerechten 1-ml-Ampullen werden im Anschluss einer Mahlzeit einfach in den Mund geträufelt oder einem Getränk untergemischt.

2. Spagyrisch-komplexhomöopathische Therapie:

In Kims‘ Fall entschied ich mich zum Einsatz folgender spagyrisch-komplexhomöopathischer Arzneimittel:

  • „Phönix Calcium phosphoricum spag.“ (früherer Name, bis 2005: Phönix Asthmaphön): Leitsubstanz ist das Kalziumhydrogenphosphat (Calcium phosphoricum Dil. D8), das in der Homöopathie u.a. zur Behandlung von Lungenerkrankungen eingesetzt wird.
    Die weiteren Bestandteile: Arnica montana e floribus sicc. Glückselig Dil. D2, Aurum chloratum Dil. D5, Bolus alba spag. Glückselig Ø, Convallaria majalis Glückselig Dil. D3, Cuprum sulfuricum Dil. D4, Digitalis purpurea Glückselig Dil. D4, Hydrargyrum bichloratum spag. Glückselig Dil. D6, Stibium sulfuratum nigrum Dil. D8, Sulfur Dil. D7, Tartarus depuratus spag. Glückselig Ø.
    Gegenanzeigen: ggf. bestehende Überempfindlichkeit gegen Arnika und andere Korbblütler.
    Dosierung: in Kims‘ Fall 3 mal 10 Tropfen pro Tag (normalerweise 3 bis 4 mal 20 Tropfen pro Tag).
  • Phönix Argentum spag.: Leitsubstanz Silber (Argentum nitricum Dil. D5): allgemeine Verwendung gemäß Homöopathie u.a. bei nervöser Erregbarkeit, Hitzewallungen und Diarrhoe-Neigung bei Aufregung. In der Spagyrik ordnet man Silber dagegen dem Mond zu. Deshalb wird Silber wie auch andere dem Mond zugeordnete Stoffe gegen Nervosität, Konzentrationsstörungen, Schlaf- und Zyklusstörungen angewandt.

In Bezug auf die Lungenbeschwerden des kleinen Patienten soll das Medikament in erster Linie ausgleichend, entspannend und beruhigend wirken, wozu nicht zuletzt die weiteren Bestandteile beitragen: Cuprum sulfuricum et Sulfur et Tartarus depuratus (1:1:1) spag. Glückselig Ø, Zincum metallicum Dil. D8.

Dosierung: 3 mal 10 Tropfen pro Tag.

  • Phönix Camphora spag. (früherer Name, bis 2005: Phönix Asthmaphön): Leitsubstanz Kampfer (Camphora Dil. D3): Die Homöopathie setzt den atemwegfördernden Kampfer u.a. ein bei Erkältungsbeschwerden wie heftigem trockenen Reizhusten ein, was durch die entzündungshemmende Wirkung des ebenfalls enthaltenen Kalium nitricum Dil. D3 zusätzlich unterstützt wird.
    Weitere Bestandteile: Arnica montana e floribus sicc. Glückselig Dil. D2, Bolus alba spag. Glückselig Ø, Camphora Dil. D3, Cuprum sulfuricum Dil. D4, Hydrargyrum bichloratum spag. Glückselig Dil. D6, Stibium sulfuratum nigrum Dil. D8, Tartarus depuratus spag. Glückselig Ø.
    Gegenanzeigen: ggf. bestehende Überempfindlichkeit gegen Arnika und andere Korbblütler. Auf Grund des Kampfer-Gehalts sollte das Medikament außerdem nicht angewendet werden bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum 2. Lebensjahr.
    Dosierung: 3 mal 10 Tropfen pro Tag.

3. Begleitende Akupunktur:

Während ich bei einem Erwachsenen im Falle einer chronischen Bronchitis und anderer die Atmung betreffenden Beschwerden häufig Ni 27 homöosiniatrisch intracutan mit „Wiedemann-Homöokomplex A“ injiziere, entschied ich mich in Kims‘ Fall für das Setzen einer dünnen Ohrakupunkturnadel. Der Akupunkturpunkt dient indes gemäß Lesart der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) dazu, Atemnot zu lindern, das umgekehrte Qi abzusenken sowie Husten und Schmerzen zu stillen. Wo Sie Ni 27 ggf. genau finden, entnehmen Sie bitte dem Foto.
Gemäß der Ohrakupunktur nach Dr. Paul Nogier habe ich zur Stärkung des Immunsystems außerdem die folgenden Punkte am linken bzw. nicht dominanten Ohr gestochen:

  • LTSP
  • Interferonpunkt
  • Thymuspunkt
  • Ohrrandpunkt

Diese Punktekombination wird auch als „Immunachse“ bezeichnet, wobei genau genommen LTSP und Ohrrandpunkt mit einer Silber-, Interferon- und Thymuspunkt dagegen mit einer Gold-Nadel gestochen werden. Ich verwende jedoch ausschließlich Edelstahlnadeln mit Kunststoffgriff („TeWa PB 2015“, PD-Vertriebs GmbH), da ich damit am besten zurechtkomme und die Wirkung meiner Erfahrung nach nicht vom verwendeten Metall abhängt.
Falls Sie sich wundern sollten, dass ich einen Vierjährigen bereits mit „richtigen“ Nadeln akupunktierte, möchte ich anmerken, dass ich Mutter und Sohn alternativ eine Laserakupunktur vorschlug. Das wurde jedoch abgelehnt, und tatsächlich verliefen die Akupunktur-Sitzungen reibungslos. Nach erfolgter Akupunktur verblieb die Mutter im Raum und passte auf, dass sich ihr Sohn nicht aus Versehen an den gestochenen Nadeln verletzte.

4. Jährliche spagyrisch-komplexhomöopathische Aufbaukur:

Um den Jungen in seiner Gesamtkonstitution weiterhin prophylaktisch zu stärken, empfahl ich der Mutter außerdem, einmal jährlich eine „Phönix Aufbautherapie“ durchzuführen: Eine Kur anhand von drei spagyrisch-komplexhomöopathischen Medikamenten (Globuli), die abwechselnd für Harmonisierung, Erholung und Stärkung sorgen.
Anhand eines übersichtlichen Einnahmeplans (erhältlich beim Hersteller) werden die Arzneimittel über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten im dreitägig wechselnden Rhythmus verabreicht, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu sensibilisieren und den Organismus dahingehend zu unterstützen, den alltäglichen Belastungen besser gewachsen zu sein.
Bei den Homöopathika handelt es sich im Einzelnen um folgende Arzneimittel:

  • Mercurius solibilis Phcp
  • Dulcamara S Phcp
  • Acidum nitricum S Phcp

Der aktuelle Einnahmeplan für Kim sieht mittlerweile so aus – bei einer empfohlenen Dosierung von 1 Globulus pro Lebensjahr:

  • 1.-3. Tag: morgens, mittags und abends je 6 Globulus Mercurius solibilis Phcp
  • 4.-6. Tag: morgens, mittags und abends je 6 Globulus Dulcamara S Phcp
  • 7.-9. Tag: morgens, mittags und abends je 6 Globulus Acidum nitricum S Phcp

Jeder Zyklus dauert demnach 9 Tage. Am 10. Tag wird von vorne begonnen und alle 3 Tage das Medikament gewechselt.

Fazit:
Die gesamte Therapie (ohne Darmsanierung) dauerte 12 Wochen, wobei während der ersten 6 Wochen zweimal, in den darauffolgenden 6 Wochen einmal wöchentlich akupunktiert wurde. Entscheidende Verbesserung: Die Kortisongaben konnten relativ schnell reduziert, gegen Ende der Behandlung bis heute komplett eingestellt werden.

Die Aufbaukur fand seitdem einmal statt, ist derzeit bereits zum zweiten Mal in Gange. Kims‘ Mutter ist sich außerdem sicher, dass diese Kur der allgemeinen Entwicklung über die hier beschriebenen Aspekte hinaus zuträglich ist – und führt die Kur in Eigenregie jedes Jahr zeitgleich bei sich selbst durch, um „neue Energie zu tanken“ (O-Ton).

Die erzielte Verbesserung bedeutet nun zwar leider nicht, dass die Veranlagung des kleinen Kim zu chronischen Bronchitiden aufgelöst worden wäre. Sehr wohl bedeutet es aber, dass der kleine Patient, einmal abgesehen vom Diabetes, ein weitaus uneingeschränkteres Leben als vorher führen kann. Das hilft im Übrigen nicht nur dem Jungen, sondern in grundlegender Weise auch seinen Eltern weiter, die sich nun deutlich weniger Sorgen machen.

 

Literatur:

  • Seirin-Bildatlas der Akupunktur, KVM-Verlag, Marburg
  • dtv-Atlas Akupunktur, Deutscher Taschenbuch Verlag, München

Autor:
Johannes W. Steinbach ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Fachbuchautor und Herausgeber von heilpraktiker-lernskripte.de

Kontakt:
Naturheilpraxis Steinbach
Schillerstr. 18, 54329 Konz

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