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Prurigo: Zum aus der Haut fahren

Sich selbst in der eigenen Haut nicht mehr wohlfühlen: So in etwa lässt sich wohl zusammenfassend der Gemütszustand zahlreicher Prurigo-Patientinnen und -Patienten beschreiben. Permanenter Juckreiz (Pruritus), psychische Belastungen durch optische Beeinträchtigungen, indiskrete Fragen aus dem Kollegen- oder Freundeskreis bezüglich frischer Kratzspuren, Rückschläge und Enttäuschungen nach Arzt- oder Therapiewechseln, in die man viel Hoffnung investiert hatte: Die Liste möglicher Leidens-Parameter ist lang, das Verständnis des persönlichen Umfelds dagegen häufig eher gering.

Besonders heimtückisch ist, dass sich die genaue Ursache der Hautkrankheit, die landläufig auch als „Juckblattersucht“ bekannt ist, oftmals gar nicht finden – geschweige denn gezielt behandeln – lässt. Der häufig eingesetzte Tabletten- und Salbenmix stellt für viele Betroffene häufig sogar noch eine weitere Belastung dar. Erfolgversprechender sind dagegen einige naturheilkundliche Maßnahmen.

„Eine Besserung verspüre ich eigentlich nur, wenn ich mich so stark kratze, dass es schon blutet!“ Ein Zitat meiner Patientin Birgit B., das einem schon zu denken geben kann. Und halbwegs empathischen Menschen ziemlich schnell klar macht, unter welchem Leidensdruck Menschen stehen, die unter Prurigo leiden: Einer bekanntermaßen schubweise verlaufenden Dermatose, die von hellroten Papeln mit zentralen Bläschen gekennzeichnet wird. Letztgenannte jucken dermaßen, dass davon Betroffene die Papeln häufig aufkratzen, wodurch der Juckreiz auch tatsächlich kurzfristig nachlässt. Das Aufkratzen birgt jedoch u.a. die Gefahren hyperpigmentierter Narben und Superinfektionen.
Im konkreten Fall, der bereits einige Jahre zurück liegt, machten der Patientin vor allem die Narben zu schaffen, von denen bereits einige u.a. im Bereich des Dekolletés und der Extremitäten zu sehen waren. B., 39 Jahre alt, neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit (Kosmetikerin) sporadisch als Fitnessmodell unterwegs, beschrieb sich selbst als „schon sehr auf ihr Äußeres bedacht“ und stand nicht zuletzt dadurch unter immensem psychischem Druck.

Die weitere Anamnese ergab, dass die Patienten bereits seit rund acht Jahren unter Prurigo litt und diesbezüglich „schon Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hatte“: ohne Ergebnis. Zahlreiche Arztbesuche hatten zwar immerhin zu dem erfreulichen Schluss geführt, dass keine ernsthafte Erkrankung zugrunde lag, als deren Sekundärleiden Prurigo infrage gekommen wäre, etwa Diabetes mellitus, ein Leber-, Nieren oder Krebsleiden. Das Leiden an sich besserte sich aber weder durch etwaige vom Arzt verschriebene Tabletten, noch durch irgendwelche Salben.
Was mich einmal mehr dazu veranlasste, es mit einem mehrgleisigen naturheilkundlichen Behandlungsansatz zu versuchen. Konkret sah dieser folgendermaßen aus:

1. Schritt (Vorbereitung): Darmsanierung + Eigenbluttherapie
Um den idealen „Nährboden“ später folgender spezifischerer Therapiemaßnahmen zu „bestellen“, entschied ich mich zunächst für eine Darmsanierung, die B. in Eigenregie mittels des von mir verordneten Präparats „Mutaflor“ (Ardeypharm) durchführte: Während der ersten vier Tage jeweils eine Kapsel morgens zum Frühstück, um den Darm allmählich an die Besiedelung mit dem enthaltenen Bakterium Escherichia coli (Stamm Nissle 1917) zu gewöhnen; an den restlichen Tagen jeweils zwei Kapseln.
Parallel zu der 52 Tage dauernden Darmsanierung führte ich außerdem eine Eigenbluttherapie durch. Dazu entnahm ich der Patientin insgesamt zwölfmal Blut, das ich anschließend unverdünnt in den Gesäßmuskel reinjizierte: zweimal wöchentlich, an den ersten sechs Terminen jeweils ein Milliliter Blut, an den sechs verbleibenden Terminen jeweils zwei Milliliter.
Nach Abschluss dieses 1. Therapieschritts ging es B. nach eigenem Bekunden insgesamt betrachtet bereits etwas besser.
Im Zusammenhang mit der beschriebenen Eigenbluttherapie hatte ich zunächst noch darüber nachgedacht, das entnommene Blut mit dem komplexhomöopathischen Grundregulationsmittel „Juv 110 Injektionslösung“ (Phönix) zu vermischen. Dagegen entschied ich mich letztendlich deshalb, weil ich im Allgemeinen den Grundsatz verfolge, dass man bei der Therapie lang anhaltender Beschwerden auch dem Genesungsprozess eine gewisse Zeit einräumen muss.

(U.a. bei der Behandlung verschiedener Nesselsucht-Fälle hatte ich dagegen schon mehrmals gute Erfolge mit Eigenblut-Behandlungen zzgl. „Juv 110 Injektionslösung“, weshalb auch diese Vorgehensweise nicht ganz abwegig gewesen wäre.)

2. Schritt (Behandlung von innen): Homöopathische Arzneimittel + Akupunktur
Über eine Behandlungsdauer von zweimal fünf Wochen (mit fünfwöchiger Pause) verschrieb ich B. die Präparate-Kombination „Juv 110-K I-VI“: Ein weiteres registriertes homöopathisches Arzneimittel des Herstellers Phönix, das aus sechs homöopathischen Einzelmitteln besteht. In zehn Gramm Streukügelchen (Größe 6) sind im Detail verarbeitet:

  • I: Gallae turcicae Dil. D10 0,05 g; Raphanus sativus var. niger. Dil. D10 0,05 g
  • II: Prunus padus e cortice Dil. D10 0,05 g; Ulmus campestris Dil. D10 0,05 g
  • III: Fraxinus americana Dil. D10 0,05 g; Thuja occidentalis Dil. D10 0,05 g
  • IV: Haematoxylon campechianum Dil. D10 0,05 g; Viscum album Dil. D10 0,05 g
  • V: Marsdenia cundurango Dil. D10 0,05 g; Scrophularia nodosa Dil. D10 0,05 g
  • VI: Acer negundo Dil. D10 0,05 g; Lycopodium clavatum Dil. D10 0,05 g

Während des ersten Behandlungsintervalls mit „Juv 110-K I-VI“sah die Dosierung dreimal täglich fünf Streukügelchen im täglichen Wechsel von Nummer I bis VI vor. Während des zweiten Behandlungsintervalls nahm B. indes nur noch einmal täglich fünf Streukügelchen im täglichen Wechsel von Nummer I bis VI ein.
Über die gesamte Behandlungsdauer hinweg führte ich außerdem zu jedem Konsultationstermin eine Akupunktur gemäß Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) durch. Aufgrund Zeitmangels und längerer Anreise der Patientin war dies leider nur einmal pro Woche möglich. Oberstes Ziel der Akupunktur: Den lokalisierten bzw. bereits generalisierten Juckreiz der Patientin zu lindern, der aus TCM-Sicht Wind bzw. Wind-Hitze zuzuordnen ist.
Als Basiskombination gestochen wurden dabei folgende Punkte:
Di 11:

  • Lokalisation: bei maximal gebeugtem Arm am radialen Ende der Ellbogenfalte
  • Charakteristik generell: Tonisierungs- und He-Punkt, der feuchte Hitze und Wind entfernt (Anm.: „He“-Punkt bedeutet Vereinigungspunkt zwischen Körperinnerem und -äußerem)

Mi 6:

  • Lokalisation: drei Cun oberhalb der höchsten Erhebung des Innenknöchels am Hinterrand der Tibia
  • Charakteristik generell: Gruppen-Luo-Punkt (Mi, Le, Ni), der zur Regulation von Haut-Feuchtigkeit, Trockenheit und Hitze beiträgt („Luo“-Punkt = Verzweigungspunkt, der Energie in netzartige Verzweigungen leitet, wodurch Verbindungen zu gekoppelten Meridianen entstehen)

Le 3:

  • Lokalisation: Fußrücken, im proximalen Winkel zwischen Os metatarsale I und II
  • Charakteristik generell: entfernt u.a. Leber-Wind und harmonisiert den Leber-Qi-Fluss

Le 5:

  • Lokalisation: am medialen Tibiarand fünf Cun oberhalb des Innenknöchels
  • Charakteristik generell: Luo-Durchgangspunkt; entfernt feuchte Hitze, spezifisch gegen Juckreiz (insbesondere bei Dermatosen in Zusammenhang mit Sexualität, Pubertät usw.)

EX-LE 3:

  • Lokalisation: ein Cun kranial von Mi 10, der wiederum zwei Cun oberhalb des medialen Patellarandes liegt (bei gebeugtem Knie)
  • Charakteristik generell: spezifisch gegen Juckreiz, insbesondere bei Parasitenbefall

Wie meistens in der Akupunktur erhebt diese Punkte-Kombination keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist lediglich Ergebnis einer individuellen Anamnese sowie der persönlichen Schlüsse, die ich daraus zog. Mehr als nur der Vollständigkeit halber erwähnt seien deshalb folgende Akupunkturpunkte, deren Stechen ebenfalls zumindest ergänzend Sinn machen könnte: 3E 17, Bl 57, Du 1, Du 2, Gb 1, Gb 2, Gb 12, Lu 5, Mi 9, Mi 10 und Ren 1.

Nach Abschluss dieses 2. Behandlungsschritts trat eine weitere, im Vergleich zu Schritt 1 sogar noch wesentlich deutlichere  Verbesserung vor allem des Juckreizes ein. Die Patientin zeigte sich bereits insgesamt zufrieden. Nicht zuletzt damit, dass es logischerweise weniger frische Kratzspuren gab, auf die sie hätte angesprochen werden können. Dennoch erklärte sie sich zu einem dritten, abschließenden Behandlungsschritt bereit. Zumal dieser nach kurzer Einweisung abermals in Eigenregie durchführbar war.

3. Schritt (Behandlung von außen): Spenglersan Immuntherapie
Am Anfang dieses Schritts stand eine dreitägige Starter-Behandlung mit drei mal zehn Sprühstößen „Spenglersan Kolloid“ K, das ganz klassisch langsam in die Ellbeuge eingerieben wurde.

Danach erfolgte der Wechsel zu den Immunkolloiden G und R, von denen B. im täglichen Wechsel dreimal zehn Sprühstöße in die Ellbeuge massierte. (Zumindest das Kolloid G kann aber laut Hersteller ansonsten auch alternativ auf die lokal betroffenen Stellen gesprüht und dort eingerieben werden.)

Fazit: Nachdem die Patientin meine Praxis vor rund einem Jahr wegen eines grundlegend anderen Leidens abermals aufsuchte, erfuhr ich, dass sie die Spenglersane G und R auch heute noch jeden Tag in der Handtasche bei sich trägt. Benutzt würden diese allerdings nur noch sehr selten. Es ginge ihr gut, das Reservoir in der Handtasche sei zugegebenermaßen eher „psychologischer Natur“, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein und sich selbst das Gefühl zu geben, einem erneuten Juckreiz nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein.
Im Nachhinein betrachtet habe sie ohnehin das Gefühl, dass vor allem der zweite Therapieschritt – also die Einnahme der Phönix-Präparate-Kombination „Juv 110-K I-VI“ plus Akupunktur – entscheidend zur Wende zum Positiven hin beigetragen hätten.

 

Literatur:

  • Praxishandbuch Akupunktur, Urban & Fischer, Stuttgart
  • Atlas Akupunktur, Urban & Fischer, München/Jena
  • Seirin-Bildatlas der Akupunktur, KVM-Verlag, Marburg

Der Autor:
Johannes W. Steinbach ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Autor der Bücher:
"Aktuelle Gesundheitsthemen: Aus Sicht der Naturheilkunde" und " Der Rote Faden: Prüfungswissen für Heilpraktiker" sowie Herausgeber von heilpraktiker-lernskripte.de

Fotohinweis: Naturheilpraxis Steinbach (2)

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